Liebe Leserinnen und Leser,
Bittersweet, bittersüß, benennen die Engländer zwiegesichtige Empfindungen. Dieses Wort kommt uns in den Sinn, wenn wir an die Mafia-Festnahmen im Januar denken. Die ersten Festgenommenen sind bereits wieder in Freiheit, und es zeichnet sich ab, dass die deutschen Gesetze wieder einmal nicht auf diese italienische Form der Kriminalität passen. Natürlich sind die Mittel des Rechtsstaates die einzigen, die man der Organisierten Kriminalität entgegensetzen kann, keine Frage. Doch der Rechtsstaat muss wehrhaft sein, muss sich den Clans mit voller Kraft entgegenstellen können. Er muss Gesetze haben, die seinen Akteuren den Rücken stärken anstatt sie im Regen stehen zu lassen. Dass dies nicht der Fall ist, zeigt sich allein daran, dass die nun als Mafia-Verdächtigen Festgenommenen sich völlig unbehindert in Deutschland bewegen konnten. Einige sind hier geboren, andere seit vielen Jahren als Mafiosi bekannt. Und dennoch betreiben sie ihre Gaststätten und bauen vor allem in der Provinz ein engmaschiges Netzwerk auf, bestens verknüpft mit den lokalen Tonangebern, die fast schon trottelig am Bild vom Italiener als allseits beliebten, immer sonnigen Gastwirt festhalten. Natürlich gibt es diesen Gastwirt, wir selbst sind ja als Initiative toller Gastwirte entstanden, damals, vor zehn Jahren. Aber es nutzt eben auch die Mafia diese spezielle Form der deutschen Italienliebe für sich. Bittersüß auch für uns die Erfahrung, dass unzählige Medien aus dem In- udn Ausland uns kontaktierten und nach Statements fragten oder uns zu Interviews einluden. Natürlich wollen wir als NGO und Antimafia-Lobbyorganisation wahrgenommen werden und freuen uns über Medienanfragen. Zugleich wäre es auch schön, wenn das Thema auch Konjunktur hätte, ohne dass erst Haftbefehle aus Italien in Deutschland vollstreckt werden müssen. Im Übrigen kam es in Italien erneut zu Mafia-Festnahmen. Wir hoffen, dass die Ermittlungen auch in Deutschland weitergehen. Und dass sich endlich Einsicht breitmacht, dass man Organisierte Kriminalität nicht deliktbezogen verfolgen kann, sondern das Ganze in den Blick nehmen muss, also aufwändige Strukturermittlungen durchführen. Dies kostet viel Geld, aber es ist in unser aller Sinne: Wenn wir es unterlassen, kostet uns das noch viel mehr Geld. Denn je mehr sich kriminelle Strukturen mit legalen verflechten, zum Beispiel in der Wirtschaft, umso schwieriger ist es, sie wieder zu trennen und zu tilgen.
Wir wünschen eine angenehme Lektüre! Viele Grüße, das Team von Mafia? Nein, Danke! e.V. |